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11.12.2016: Alterserscheinungen oder Tempora mutantur et nos in illis (die Zeiten ändern sich und wir in ihnen)...
 
Erst noch waren wir ungestüm, kein Berg zu hoch, kein Hang zu steil, keine Strasse zu weit. Ein wenig gilt dies ja heute noch, aber ich denke und hoffe mit mehr Besonnenheit. Was nur zieht uns eine innere Handbremse an, lieber zwei Sicherungsseile als keines.

Zum einen sind es sicher die rein körperlichen Zeichen des Älterwerdens. Das eine oder andere Gelenk knackst etwas öfters – vom steifen Rücken frühmorgens ganz zu schweigen. Einmal auf den Beinen schaut uns ein Faltengesicht mit eher schütterem Haarwuchs im Spiegel entgegen - obwohl, die Ganzkörperhaarfläche ist gefühlt eher noch mehr geworden. Zum Glück sind die Haare auf den Zähnen – soweit ich dies selbst beurteilen kann – dünn geblieben. Die Sehkraft ist auch nicht besser geworden, obwohl ich insgeheim hoffte, meine leichte Kurzsichtigkeit werde sich mit der kommenden Altersweitsichtigkeit etwas korrigieren; denkste Trugschluss. Das kleine Geschäft wird auch immer grösser. Wo früher Sturzbäche tobten und kein Baum zu weit um getroffen zu werden mit scharfem Strahl, plätschert heute ein verhaltenes Bächlein. Auch ohne Ovomaltine geht es nicht besser, aber bedeutend länger.

Item, auch im Hirnkästchen stellen sich schleichend Veränderungen ein. Die Musik beim Schnitzen darf jetzt durchaus auch einmal SRF1 sein; früher waren eher Rolling Stones oder Südstaatenrock angesagt. Wenngleich Weltmusik, besonders auch die hiesige, beflügelt mich eigentlich schon länger und  immer wieder - diese zunehmende Sentimentalität und Heimatgefühl; selbst Schweizer Volksmusik kann mich mitunter packen, vor allem wenn sie mit einer Prise Witz interpretiert wird. Ich habe wohl nicht zufällig mit Alphornspielen begonnen. Eine innere Saite wird angeschlagen und schwingt stärker als früher.

Meine Eltern befinden sich im Spätherbst ihres Lebens und immer öfters ist der Schnee des nahenden Todes auf den Gipfeln auszumachen. Dies alles schreibe ich während einer morgendlichen Zugfahrt nach Zürich – rückwärts wohlgemerkt mit weitem Blick auf die sanft dahingleitende Landschaft. Früher wäre ich vorwärts gefahren…
 
PS: voll im Leben naht die Weihnachtsproduktion im Alten Kino Mels. Wir spielen dieses Jahr Pinocchio und passend zum oben ausgeführten spiele ich Gepetto; doch dies natürlich nur, weil ich sonst auch schnitze!?